Winterkongress 2025

Podium zu nachhaltiger KI: AlgorithmWatch CH im Austausch mit Politik und Wissenschaft

Am diesjährigen Winterkongress der Digitale Gesellschaft lud AlgorithmWatch CH zu einem Panel mit dem Titel «Nachhaltige KI: Ein Widerspruch in sich?». Mit dabei: eine Nationalrätin, eine geballte Ladung wissenschaftlicher Erkenntnisse und viele interessante Fragen.

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6. März 2025 (Update: 19. März 2025)

#sustainability

Bild: AlgorithmWatch CH

Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI) werden immer mehr und mit grossen Hoffnungen eingesetzt: Sie sollen den Ressourcenverbrauch effizienter gestalten, komplexe gesellschaftliche Gestaltungsaufgaben wie die Energie- oder Mobilitätswende lösen, ein nachhaltigeres Energiesystem kreieren oder auch die Erforschung neuer Materialien erleichtern. KI wird sogar als wichtiges Werkzeug zur Bewältigung der Klimakrise gesehen. Nur blenden solche Hoffnungen aus, dass auch die Entwicklung und der Einsatz von KI viele Ressourcen wie Energie und Wasser verbraucht und in einem beträchtlichen Ausmass CO₂-Emissionen verursacht.

Am Winterkongress 2025 der Digitale Gesellschaft diskutierte ein hochkarätiges Panel unter der Moderation von Flurina Wäspi (Themenverantwortliche Demokratie bei der Stiftung Mercator Schweiz), welche Auswirkungen KI auf unsere Umwelt hat und wie es um die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit steht. Untenstehend eine kurze Zusammenfassung.

Prof. Dr. Jan Bieser (Berner Fachhochschule BFH), dessen Forschungsschwerpunkt auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit liegt, wies darauf hin, dass der Fussabdruck der gesamten digitalen Technik ca. 2-4 Prozent der globalen CO₂-Emissionen ausmachte. Zudem mache der Energieverbrauch von Rechenzentren in der Schweiz bereits rund 4 Prozent des Stromverbrauchs aus. Wie viel davon mit KI verbunden ist, sei nicht bekannt. Das Beispiel Irland zeigt jedoch, dass dieser auch stark zunehmen kann. Dort ist der Stromverbrauch von Rechenzentren bereits höher als der aller irischen Haushalte zusammen. Eine Herausforderung für die Schweiz sei jedoch, dass wir nicht genau wüssten, welche Teile der KI-Wertschöpfung in Zukunft überhaupt in der Schweiz stattfinden werden und wie viel Energie dann hierfür lokal benötigt wird. Zudem machte er auf das Konzept des Handabdrucks aufmerksam: Dabei geht es um die Auswirkungen neuer KI-Anwendungen auf die Gesellschaft insgesamt, etwa inwiefern KI für autonome Fahrzeuge den Verkehr und dessen Emissionen verringern aber auch erhöhen kann.

Nationalrätin Sibel Arslan (GRÜNE Schweiz), die im Europarat die KI-Konvention mitgestaltete, betonte, dass die Auswirkungen von KI uns alle betreffen würden, jedoch in unterschiedlichem Masse. So spürten die Menschen im globalen Westen deutlich weniger von der menschlichen Ausbeutung, etwa wenn es um den Abbau von Mineralien geht, die für KI-Produkte benötigt werden. Mit Blick auf den Grundsatzentscheid des Bundesrates zur Regulierung von KI vom 12. Februar 2025 bemerkte sie, dass im Bericht zur KI-Auslegeordnung das Wort «Nachhaltigkeit» nur einmal vorkommt – und zwar dann, wenn es darum geht, dass Nachhaltigkeit nicht behandelt werde. Hingegen komme der Begriff «Wirtschaft» auf dem rund vierzigseitigen Dokument über siebzig Mal vor.

Dr. Angela Müller (Geschäftsleiterin AlgorithmWatch CH) hob hervor, dass es nicht «die» KI gäbe. Wir müssten uns jeweils fragen, um was für ein KI-System geht, von wem dieses eingesetzt wird und welche Interessen dahinterstecken. Die aktuelle Weltlage sei dabei eine Herausforderung. Es sei zu beobachten, dass Regierungen, Investoren und Unternehmen immer mehr in immer noch grössere KI-Modelle und KI-Infrastruktur investieren. So sei auch am AI Action Summit in Paris der Tenor gewesen, dass nun Milliarden an Euros oder US-Dollars in die KI-Industrie gepumpt werden müssten. Die Frage, wie wir mit dem enormen ökologischen Fussabdruck dieser grossen KI-Modelle umgehen, drohe dabei, aussen vor zu bleiben.

Auf die Frage aus dem Publikum, was denn konkrete Dinge seien, die wir als Einzelpersonen tun könnten, um die Problematik anzugehen, antwortete Sibel Arslan: Es wäre gut, wenn eine Person mit den entsprechenden Fähigkeiten die Auswirkungen von KI auf Umwelt und Menschen visualisieren könnte, um die Problematik einfach aufzuzeigen. Und sie persönlich würde als Folge des heutigen Panels einen Vorstoss zum Thema nachhaltiger KI erarbeiten. Angela Müller antwortete, dass die grossen KI-Modelle auch in der Anwendung viel Energie verbrauchen würden. So koste eine Anfrage bei einem KI-Chatbot 10-15-mal so viel Energie wie eine Google-Suche, ohne die negativen Auswirkungen von letzterem beschönigen zu wollen. Wichtig sei aber: Die Verantwortung liege nicht (nur) bei den Individuen, sondern bei den grossen Tech-Konzernen. Denn hierbei herrsche eine grosse Machtasymmetrie.

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Bilder: VOLLTOLL / Jana Leu

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