
Leitfaden
Regulierung von Online-Plattformen: Was tut die Schweiz?
Während die Europäische Union (EU) bereits beschlossen hat, Online-Plattformen zu regulieren, fängt die Schweiz mit dieser Arbeit erst an. Wir beleuchten in diesem Artikel die aktuellen politischen Entwicklungen.

Grosse private Online-Plattformen wie Instagram, X, LinkedIn, TikTok oder YouTube sind nach wie vor eine Blackbox. Mit Blick auf ihre gesellschaftliche Bedeutung hat die EU beschlossen, Online-Plattformen mittels dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) zu regulieren. In der Schweiz befindet sich der Regulierungsprozess noch in den Anfängen.
Warum braucht die Schweiz eine Plattformregulierung?
Ein wesentlicher Teil unserer öffentlichen Debatte spielt sich heute auf Social-Media-Plattformen wie Instagram, X, LinkedIn oder TikTok ab, deren Algorithmen uns möglichst lange online behalten sollen, um damit ihren Profit zu maximieren. Informationen, die für unsere Meinungsbildung relevant sind, beschaffen wir uns über Suchmaschinen wie Google oder Bing. Inhalte, die Menschen schaden oder die Meinungsbildung beeinträchtigen können, werden durch intransparente Algorithmen auf Plattformen verbreitet. Erstellt werden können diese heute auch mit Hilfe von generativen KI-Systemen, etwa im Falle von Deepfakes. Diese Intransparenz, die fehlende Rechenschaftspflicht und die Konzentration von Markt- und Meinungsmacht bei wenigen milliardenschweren multinationalen Technologieunternehmen stellen für unsere öffentliche Debatte eine Herausforderung dar.
Was sind die aktuellen politischen Entwicklungen?
2025
- Anfangs 2025 verzögert der Bundesrat die Veröffentlichung der Gesetzesvorlage zu Plattformregulierung weiter. In einem Positionspapier zeigt AlgorithmWatch CH auf, welche Massnahmen notwendigen wäre um eine konstruktive öffentliche Debatte zu ermöglichen.
- Im Februar 2025 hat der Bundesrat einen Grundsatzentscheid darüber getroffen, wie er KI regulieren will.
2024
- Die Veröffentlichung der Vernehmlassungsvorlage – d.h. des Gesetzesentwurfes – zur Regulierung von Online-Plattformen erfolgt nicht wie ursprünglich angekündigt im März 2024, sondern wurde verschoben. Zunächst auf Dezember 2024 verlegt, wird sie nun voraussichtlich Anfang 2025 erwartet.
- Die KI-Konvention des Europarates wurde im Mai 2024 verabschiedet, die nebst Bestimmungen zum Schutz von Menschenrechten auch eine zum Schutz der Demokratie und der Teilhabe an der demokratischen Debatte enthält. Die Schweiz hat die Konvention bisher nicht unterzeichnet.
- Im Februar 2024 trat der DSA in der EU vollständig in Kraft.
2023
- Der Bundesrat hat Anfangs April das Bundesamt für Kommunikation BAKOM beauftragt, bis März 2024 eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung von Online-Plattformen auszuarbeiten.
- Zwei Motionen (23.3068 & 23.3069), die die Umsetzung der Ziele der EU-Gesetze zur Regulierung von Online-Plattformen, des Digital Services Act (DSA) und des Digital Markets Act (DMA) fordern, wurden im März 2023 im Nationalrat eingereicht und sind zur Behandlung im Parlament hängig.
2022
- Auf EU-Ebene sind der DSA und der DMA im November 2022 in Kraft getreten – bis sie vollständig anwendbar sind, dauert es aber noch etwas. Der DSA legt u.a. fest, dass die Plattformen über die Funktionsweise ihrer algorithmischen Systeme Auskunft geben müssen, Datenzugang gewähren und Risikoeinschätzungen sowie Audits vornehmen müssen. AlgorithmWatch hat die Entwicklung des DSA eng begleitet. Unser Leitfaden stellt den DSA, den Prozess dahinter sowie die nächsten Schritte vor.
- In der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats fand im Februar 2022 eine Anhörung zu Online-Plattformen und ihrem Einfluss auf die Demokratie statt. AlgorithmWatch CH war dazu eingeladen, unsere Empfehlungen im Rahmen eines Experteninputs zu erläutern.
2021
- Im Auftrag des Bundesrats hat das Bundesamt für Kommunikation BAKOM im November 2021 einen Bericht zur Tätigkeit von Plattformbetreibern im Bereich der öffentlichen Kommunikation und der Meinungs- und Willensbildung verfasst. Der Bundesrat hat auf Basis des Berichts des BAKOM das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK beauftragt, ihm bis Ende 2022 in einem Aussprachepapier aufzuzeigen, ob und wie Plattformen in der Schweiz reguliert werden sollen.
Liste unserer Veröffentlichungen zur Plattformregulierung
- Medienmitteilung | Bundesrat verzögert Regulierung für Social Media und Suchmaschinen weiter | 20. Februar 2025
- Positionspapier | Online-Plattformen: Rahmenbedingungen für eine konstruktive öffentliche Debatte | 20. Februar 2025
- Positionspapier | Welche KI wollen wir? | 21. November 2024
- Blog | 10 Fragen zu KI & Wahlen | 11. Juni 2024
- Recherche | KI-Chatbots im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen: Zwischenergebnisse im Vorfeld der Wahlen | Schlussbericht | Oktober/Dezember 2023
- Blog | Regulierung von Algorithmen & KI: Quo Vadis Bundesrat? | 6. Dezember 2023
- Position | Der Bundesrat macht (endlich) den Auftakt für die Regulierung von Facebook, Twitter & Co. | 5. April 2023
- Blog | Algorithmen: Praktische Informationsmanager oder manipulative Blackbox? | 21. Dezember 2022
- Position & Joint Statement der Zivilgesellschaft | Jetzt Plattformen regulieren | 21. Oktober 2022
- Blog | Ein Leitfaden zum Digital Services Act: Das neue EU-Gesetz soll den großen Tech-Konzernen Zügel anlegen | 12. September 2022
- Story | Facebook demontiert CrowdTangle: Mehr Transparenz durch schlechteren Datenzugang? | 25. August 2022
- Position | Verhandlungen der EU zum AI Act und zum DSA in vollem Gange | 13. April 2022
- Position | Anhörung zur Plattformregulierung im Parlament | 1. März 2022
- Story | Nach Drohungen von Facebook: AlgorithmWatch sieht sich gezwungen, Instagram-Forschungsprojekt einzustellen | 13. September 2021