Medienmitteilung

Bundesrat steht bei KI zunehmend unter Druck

AlgorithmWatch CH hat im Namen einer breiten Koalition heute Dienstag dem Bundesrat eine Petition zu Künstlicher Intelligenz übergeben. Rund 45 Organisationen rufen den Bundesrat dazu auf, den Schutz vor Diskriminierung zu einer Priorität der anstehenden Regulierungen rund um KI zu machen. Parlamentarier*innen aus sechs Parteien unterstützen das Anliegen. Viele von ihnen waren bei der Übergabe mit dabei.

Bild: Manuel Lopez
Angela Müller
Dr. Angela Müller
Geschäftsleiterin AlgorithmWatch CH | Head of Policy & Advocacy

Menschen sollen wirksam vor Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz (KI) geschützt werden und sich dagegen wehren können. Das fordert eine Petition, die am Dienstag der Bundeskanzlei in Bern übergeben wurde. Die Petition kommt zum richtigen Zeitpunkt: Diesen Winter wird Künstliche Intelligenz eines der Top-Themen sein, die Bundesbern beschäftigen.

Angela Müller

«Das Potenzial von KI wird sich nur zeigen, wenn wir die konkreten Schäden angehen, die sie heute schon verursacht. Vor Diskriminierung durch KI zu schützen, ist nicht nur aus grundrechtlicher, sondern auch aus gesellschaftlicher, ethischer und ökonomischer Perspektive geboten. Denn schlechte und ungerechte KI nützt niemandem. Nun ist es am Bundesrat, seine Verantwortung wahrzunehmen.»

Angela Müller, Geschäftsleiterin AlgorithmWatch CH

Der von AlgorithmWatch CH initiierte «Appell an den Bundesrat», wie die Organisation ihre Petition nennt, wird von über 45 Organisationen mitgetragen, darunter UNICEF, Amnesty International, Unser Recht oder die Stiftung für Konsumentenschutz. Bereits bei der Lancierung des Appells haben über 70 prominente Schweizer Persönlichkeiten den Aufruf unterstützt. Seitdem wurde dieser von weiteren rund 3’000 Menschen unterzeichnet.

Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sehen Handlungsbedarf beim Diskriminierungsschutz

Die Forderung zum stärkeren Schutz vor Diskriminierung durch Algorithmen und KI findet breite Zustimmung im Bundeshaus. Zu den Unterstützenden des Appells zählen etwa National- und Ständerät*innen der FDP, Mitte, EVP, GLP, SP und Grünen.

«Klare Regeln müssen die Demokratie und die Bürger vor einem Missbrauch von KI schützen, damit nur die innovativen und für die Gesellschaft nützlichen Aspekte bewahrt werden.»

Olivier Feller, Nationalrat, FDP

Bereits in der Sommersession wurden im Nationalrat zwei Motionen mit breiter parteiübergreifender Unterstützung eingereicht, die den Schutz vor Diskriminierung durch Algorithmen und KI stärken wollen.

«Parteiübergreifend sind sich die Unterstützenden meiner Vorstösse einig: Wir müssen nicht technische Details regulieren. Aber das Grundrecht auf Schutz vor Diskriminierung muss gerade im Zeitalter der Algorithmen und der künstlichen Intelligenz wirksam geschützt werden. Und der Bund muss beim Einsatz dieser Technik die Risiken abwägen und transparent machen.»

Balthasar Glättli, Nationalrat, Grüne

Der Druck auf den Bundesrat kommt aber nicht nur aus dem Bundeshaus. So haben sich auch Professor*innen der Informatik und der Rechts-, Politik- oder Kommunikationswissenschaften verschiedener Schweizer Universitäten sowie Digital- und Diversity-Expert*innen dem Aufruf angeschlossen. Auch die Präsidentinnen der Eidgenössischen Kommissionen gegen Rassismus und für Frauenfragen unterstützen das Anliegen.

Bundesrat entscheidet bald über Umgang mit Künstlicher Intelligenz

In ihrem Appelltext führt die Koalition diverse Beispiele von Diskriminierung durch algorithmische und KI-Systeme auf. Unter anderem den sogenannten «Kindergeldskandal». Bei diesem wurden in den Niederlanden tausende Familien in existenzielle Nöte getrieben, als ein von den Behörden eingesetzter Algorithmus sie aufgrund diskriminierender Kriterien fälschlicherweise aufforderte, über Jahre erhaltene staatliche Kinderbetreuungsgelder zurückzuzahlen. Solche Fälle von algorithmischer Diskriminierung will die von AlgorithmWatch CH angeführte Koalition in der Schweiz verhindern.

Wird der Bundesrat gefragt, wie er mit den Herausforderungen rund um KI umgehen möchte, fällt auf, dass seit geraumer Zeit immer wieder dieselbe Antwort fällt: Der Bundesrat möchte gestützt auf einer «Auslegeordnung» zu Regulierungsansätzen im Bereich KI entscheiden, ob und welcher Handlungsbedarf besteht. Diese KI-Auslegeordnung soll bis Ende 2024 vorliegen. Das Künstliche Intelligenz diskriminieren kann, ist derweilen unbestritten. Die Evidenzlage ist eindeutig.