Fedpol will Gesichtserkennung einsetzen – und das durch die Hintertür
Der Bundesrat hat anfangs April zugestimmt, dass das Bundesamt für Polizei (Fedpol) sein System zur automatisierten Identifizierung erneuert. Das neue System bietet jedoch auch neue Möglichkeiten für die Analyse von Bildern, die Grundrechtsfragen aufwerfen.
Fedpol wird ab 2026 das automatisierte Fingerabdruckidentifikationssystems (AFIS) zum Abgleich von Finger- und Handflächenabdrücken erweitern – und zwar um ein Modul zur Gesichtserkennung. Über eine Million Gesichtsbilder der Polizeidatenbank, die sowohl Bilder von Verdächtigen als auch die Bilder aller registrierten Asylbewerber*innen enthält, sollen abrufbar werden. In einer Medienmitteilung hatte das Bundesamt zuerst erklärt, dass es sich dabei nicht um “Gesichtserkennung” handelte, da “diese (…) in der Schweiz gesetzlich verboten” sei. Auf Nachfrage von CH Media musste Fedpol jedoch seine Äusserungen korrigieren: Es musste zugeben, dass das System tatsächlich Gesichtserkennung macht – und dass kein schweizweites Verbot der Gesichtserkennung existiert. So ein Verbot fehlt nämlich.
Bei der Erweiterung handelt es sich um ein Fernsystem, das mit den biometrischen Daten ihrer Gesichter Personen nachträglich identifizieren soll. Dabei wird ein Bild eines Tatverdächtigen, das beispielsweise mit einer Kamera aufgenommenen wurde, mit in der Fedpol-Datenbank gespeicherten Bildern verglichen. Es drohen jedoch Grundrechtsverletzungen und Diskriminierungsrisiken: Wenn biometrische Erkennungssysteme im öffentlich zugänglichen Raum eingesetzt werden, um Personen zu identifizieren, können sie uns davon abschrecken, für demokratische Gesellschaften zentrale Grundrechte wahrzunehmen. Und: Sie betreffen oft jene Menschen, die bereits schon von Diskriminierung betroffen sind.
Für die Verwendung des AFIS-Systems stützt sich Fedpol auf die Verordnung des Bundesrats von 2013 über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten (sog. ED-Verordnung; SR 361.3). Fotografien werden gemäss Artikel 2 dieser Verordnung als biometrische erkennungsdienstliche Daten definiert und fallen als solche in dieselbe Kategorie wie Fingerabdrücke. Dass die Verwendung eines Systems, welches so stark in die Grundrechte eingreift, in einer Verordnung des Bundesrates verlagert wird, ist mehr als fragwürdig – denn das System wird so eingeführt, ohne dass eine demokratische Debatte dazu geführt wird. Ein solcher potenziell schwerer Grundrechtseingriff sollte Gegenstand einer demokratischen Diskussion sein und, sofern demokratisch gewollt, in einem formellen Gesetz verankert werden. Das Hin und Her in der Kommunikation des Fedpol vermittelt zudem nicht den Eindruck, dass hier mit der gebührenden Sorgfalt vorgegangen wird.
Die Grundrechte von Tausenden von Menschen in der Schweiz dürfen nicht durch die Hintertür eingeschränkt werden. Auch das Bundesamt für Polizei hat sich an diese Schranken zu halten. Wir setzen uns ein für ein Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum – denn diese ist mit unseren Grundrechten nicht kompatibel.
Lesen Sie mehr zu unserer Policy & Advocacy Arbeit zu biometrischen Erkennungssystemen.