
Medienmitteilung
AI Action Summit: AlgorithmWatch fordert nachhaltige KI
Tech-Konzerne wollen Künstliche Intelligenz (KI) als Lösung für die Klimakrise verkaufen und werfen immer grössere KI-Modelle auf den Markt. Derweil hat der Energieverbrauch dieser Modelle ungeahnte Ausmasse erreicht. Anlässlich des KI-Aktionsgipfels in Paris nächste Woche („AI Action Summit“) ruft AlgorithmWatch dringend dazu auf, die Entwicklung und den Einsatz von KI mit den planetaren Grenzen und Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen.

Frankreich ist Gastgeber des Gipfels am 10. und 11. Februar 2025. Vertreter*innen von Regierungen, internationalen Organisationen, Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen und der Zivilgesellschaft werden daran teilnehmen. Auch AlgorithmWatch CH wird anwesend sein.
Der Gipfel findet zu einer Zeit statt, in der die «Je grösser, desto besser»-Mentalität bei den KI-Modellen völlig ausser Kontrolle gerät. Die Entwicklung und der Einsatz von KI sind Faktoren, die zum Anstieg des weltweiten Energiebedarfs beitragen. Um die grossen KI-Modelle trainieren zu können und marktreif zu machen, werden immer mehr Rechenzentren benötigt. Solche Rechenzentren verbrauchen enorme Mengen an Strom und anderen Ressourcen wie Wasser, ganz zu schweigen von den «Blutmineralien», ohne die die KI-Infrastruktur nicht funktioniert. Wenn der weltweite Energieverbrauch ansteigt, verschärft das die Klimakrise: Deshalb ist der Ausbau energiehungriger Rechenzentren ein Problem, das beim grassierenden KI-Hype untergeht.
Bei einem genaueren Blick auf die KI-Industrie und die Machtstrukturen dahinter lässt sich mit Sicherheit sagen: Tech-Konzerne investieren nicht Milliarden in KI-Infrastruktur, um die Klimakrise zu bekämpfen, sondern um ihre Gewinne zu steigern. Google ruderte bereits bei seinem „extrem ehrgeizigen“ Ziel zurück, bis 2030 klimaneutral zu werden, und führte das auf die gegenwärtige KI-Nachfrage zurück. Big Tech muss bislang kaum gesetzliche Verpflichtungen erfüllen, um nachhaltiger zu werden. Deshalb fehlt den Unternehmen auch der Anreiz, mehr als PR-Greenwashing zu tun. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen waren bisher nicht verlässlich.
Big-Tech-Unternehmen stellen weltweit die digitale Infrastruktur bereit. Dadurch sind wir in eine problematische Abhängigkeit von ihnen geraten. Wenn KI weiterhin in allen möglichen öffentlichen und privaten Lebensbereichen erfolgreich als Allheilmittel vermarktet wird, wird diese Abhängigkeit nur noch stärker. Wenn die Unternehmen dann weiter immer grössere KI-Modelle entwickeln, die immer mehr Ressourcen verbrauchen, stehen die Energiewende und weitere Nachhaltigkeitsziele auf dem Spiel.
Solche Zusammenhänge werden nächste Woche in Paris auf dem KI-Aktionsgipfel erörtert. Das zunehmende Machtgefälle zwischen denjenigen, die KI kontrollieren, und denjenigen, die sie nutzen, wirft weitere soziale Fragen auf. Ein kleiner Kreis privater KI-Anbieter (Big-Tech-Unternehmen) gefährdet inzwischen die Handlungsfähigkeit von Ländern, die keinen Einfluss auf die Entwicklung dieser Technologie haben. Das ist auch relevant für den Bundesrat, der demnächst eine Auslegeordnung zur Regulierung von KI veröffentlichen wird.
Auf dem Gipfel wird sich AlgorithmWatch CH für klare und effektive gesetzliche Regelungen aussprechen, denen eine «KI im öffentlichen Interesse» genügen muss:
- Alle KI-Anbieter müssen verpflichtet werden, den Energie- und Ressourcenverbrauch von digitaler Infrastruktur weitestmöglich zu reduzieren.
- Technologieunternehmen müssen dazu verpflichtet werden, die Umweltfolgen von KI entlang der Wertschöpfungskette zu messen, zu dokumentieren, zu bewerten und schädliche Auswirkungen wirksam einzudämmen. Diese Daten und die ergriffenen Massnahmen müssen transparent gemacht werden. KI-Anbieter sollten ausserdem Daten über die Umweltfolgen ihrer Hardware-Entwicklung, über die Hardware-Transportwege und über die Entsorgung dieser Hardware veröffentlichen.
- Sie müssen sicherstellen, dass neue Rechenzentren nur dann gebaut werden, wenn deren Energiebedarf durch erneuerbare Energiequellen gedeckt wird, die Energie vor Ort erzeugt wird und sie dem tatsächlichen Verbrauch der Rechenzentren entspricht. Anbieter von KI-Infrastrukturen müssen ausserdem Informationen über die Entwicklung, den Ressourcenverbrauch und die ökologisch-sozialen Auswirkungen von Rechenzentren offenlegen, bevor sie gebaut werden. Auf diese Weise könnten sich Versorgungsunternehmen und die Stromnetzplanung daran ausrichten und den zukünftigen Energiebedarf genauer einschätzen.
- Technologieunternehmen sollten sicherstellen, dass die Rohstoffgewinnung entlang der KI-Wertschöpfungskette weder die Umwelt noch die lokale Bevölkerung schädigt. Der Bau neuer Rechenzentren darf nicht dazu führen, dass die Menschen vor Ort unter Wasserknappheit leiden oder Anbaufläche verödet.

«Die wirkliche existenzielle Bedrohung durch KI ist nicht, dass Maschinen ein Bewusstsein entwickeln und die Weltherrschaft an sich reissen könnten – sondern, dass wir zulassen, dass die Technologie unserem Planeten unkontrolliert Schäden zufügt. Der «Grösser-ist-besser»-Ansatz von Big Tech bei der KI-Entwicklung beschleunigt nicht nur solche Umweltschäden: Durch das Machtstreben der Konzerne verfestigt sich auch deren Einfluss. Ohne strikte und wirksame Gesetzesvorgaben wird sich daran nichts ändern. Nennen Sie eine Branche, die die von ihr verursachten Umweltschäden ohne Regulierung behoben hat. Eben.», sagt Angela Müller, Geschäftsleiterin AlgorithmWatch CH. «Diesen Aspekt darf der Bundesrat auch für die Schweiz nicht ausser Acht lassen, wenn er nun die Regulierung von KI angeht», so Müller weiter.